Pendulum - Eberhard Weber


Photo: K. Teusner
Photo: K. Teusner

Er wird bald 83. Jetzt im Januar. Eberhard Weber. Urgestein und Wegbegleiter- und bereiter der deutschen und europäischen Jazzszene der 1970er Jahre mit internationaler Ankerkennung. Wird oft in einem Atemzug zusammen mit Jaco Pastorius erwähnt und hat doch einen ganz eigenen Stil entwickelt.

 

Dies ist besonders gut und eindrucksvoll auf seinem Soloalbum "Pendulum" zu hören. Weber spielt hier mit seinem Upright e-Baß solo über mehrere selber eingespielte Spuren. Nur Bass? Langweilig? Mit nichten!

Allein schon der eigene Klangcharakter des von Weber immer weiter entwickelten Uprights ist etwas zum Hinhören. Auch für Nicht-Bassisten.

 

Zu Beginn der 1970er Jahre fing er an mit dem Tüfteln am zugegeben schwierigen Frequenzgang des Basses. Er tauschte Saiten, fügte eine hohe C-Saite und Tonabnehmer hinzu, womit er den Klang des Instrumentes klarer und transparenter machte. Geschmackssache; sicherlich. Aber auch eine herausragende Entwicklung des Instrumentes mit Schattendasein. 

In den 80ern dann weiter Kooperationen mit Jan Garbarek, dem bekannten Jazzlabel ECM, Rainer Brüninghaus, Gary Burton und nicht zu letzt einer meiner Lieblingsjazzer an der Gitarre. Pat Metheny.

Er gab sich damit nicht zufrieden, forschte und tüftelte immer weiter am Instrument und den zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten. 

Sein Solospiel mit Loopern wird auf Mitte der 80er Jahre datiert.

 

Schätzen gelernt habe ich Weber mit seinem Soloprogramm mit dem 1993 erschienenen Album "Pendulum". Das Album kaufte ich auch erst, nachdem ich ihn live im Bremer KITO erleben konnte. In einem älteren Blogbeitrag habe ich Euch erzählt, dass ich seiner Zeit regelmäßig ein und aus ging im KITO. Ich hatte dort nen Nebenjob angenommen, verdiente mir nen paar Körten und vor allem unheimlich viel musikalische Eindrücke dazu.

Weber trat an diesem Abend mit seinem Soloprogramm "Pendulum" auf und ich hatte wie bei Mike Stern Dienst an diesem Abend.

 

Beim Soundcheck ergab sich ein Gespräch mit Weber. Er berichtete von seinen Basslautsprechern Marke Eigenbau und natürlich von seinem Bass.

Ich gebe zu, dass ich mit dem deutschen Jazz der 1970er Jahre emotional nicht ganz soviel anfangen kann. Vielleicht ist es mir zu denkerisch, zu akademisch oder was auch immer.

Welche Bedeutung und Reichweite die deutsche Jazzsezene der 1970er Jahre hat, muss dagegen nicht diskutiert oder erklärt werden.



Die Performance Webers mit seinem elektrischen Upright im Jazzspeicher in Vegesack an diesem Abend hat mich nachhaltig geprägt. Es hatte was träumerisches, hypnotisches und fesselndes. Webers Basslines kreisten um sich selbst, verschlungen sich ineinander und oben drüber setzt er eine klar singende Solostimme. Magisch! Nicht nur der Liveeffekt. Auf dem Album springt der Funke ebenfalls über. Ein seltenes Phänomen gerade bei Musikstilen, die stark von der Lebendigkeit und Dynamik des Liveeffektes leben, wie ich finde.

"Pendulum" wirkt atmosphärisch und melancholisch wie ein tiefgrauer Herbsttag im Teufelsmoor vor den Toren Bremens. Die ostinaten Basslines tragen zum hypnotischen Charakter bei.

Ich habe das Album lange Zeit zum Einschlafen gehört.

 

Während des Zivildienstes wenige Monate später bestritt ich nebenher eine kleine lokale Sendung im Stadtradio. Diese Phase ist vielleicht mal einen eigenen Blogbeitrag wert, zumal ich hier immer noch die Tapemitschnitte rumliegen habe.

In der Sendung stellte ich Webers Album vor. Vollkommen begeistert und hingerissen.

 

Das Erlebnis im KITO entfachte die Neugier und Lust, das Ganze nachzuahmen. Ich schaute in meinen dünnen Geldbeutel, recherchierte und stellte fest, dass es aktuell lediglich für ein gebrauchtes Bodeneffektgerät von Digitech reichte.


Mein erster Looper war das Digitech PDS 8000. Bildquelle: loopers-delight.com
Mein erster Looper war das Digitech PDS 8000. Bildquelle: loopers-delight.com

Mit dem Digitech übte ich von da an täglich, begleitete mich selber, tüftelte mit dem schwierigen Justieren der Loopzeit herum und verfluchte die bescheidene Technik und meine Nerven. Die Motivation, etwas musikalisch Nennenswertes zu Stande zu bringen war jedoch größer als meine Flüche auf die eingeschränkte Technik. Ich erzielte erste Erfolge, wurde vertraut mit der Arbeitsweise des Gerätes und setzte es live ein. Ganz ordentlich, wie ich mich erinnere. Einmal sogar solo. In einer Vegesacker Kneipe zu einem der damals legendären Sonntags Cafés, die ein Freund veranstaltete.

 

Jahre später tauschte ich das Digitech gegen den Boss RC-50 und den kleinen Ditto. Neue Geräte. Geblieben ist die Solo-Spielfreunde und die Challenge mit mir selbst.

Denn entgegen dem forschenden Antrieb Webers, sein Instrument klanglich zu modifizieren, hadere ich mit den naturgegebenen Frequenzen meines e-Basses.


Die Folgen eines Schlaganfalls (2007) schränken Eberhard Weber so stark ein, dass er sich vom konzertanten Musizieren und Bassspielen zurückgezogen und seinen Kontrabass dem deutschen Jazzmuseum in Esslingen geschenkt hat.

 

Weber schaffte es entgegen zahlreicher Bedenkenträger und Kritiker, den Bass solistisch interessant zu machen und ihn durch seine Modifikationen am Instrument klanglich zu emanzipieren.

 

Anbei noch zwei Links zu einem Interview auf Youtube und einem Artikel der Zeit.

Steigt ab 0:50 ein beim Video. Das Intro nervt.



Während des Schreibens habe ich mir das Album nochmal angehört und bin nach wie vor gefesselt davon. Wer weiß, vielleicht lege ich es mir heute Abend noch auf die Ohren zum Einschlafen.

 

Danke für's Interesse. Danke für's Lesen!

Wir lesen uns dann im Februar wieder!
Wie immer bis dahin eine gut gestimmte Zeit und ein gutes neues Jahr uns allen!

 

Euer Kai


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